Vor fast fünf Jahren haben wir, der Arbeitskreis für Flüchtlinge Erzhausen (AKF), eine Fahrradwerkstatt in der Bahnstraße 23 eröffnet und konnten seither weit über 200 Flüchtlingen und Erzhäuser Bürgern ein verkehrssicheres Fahrrad übergeben. Die Voraussetzungen dazu waren günstig. Erstens spendeten uns viele Erzhäuser ihre gebrauchten Fahrräder, wofür wir ihnen zu großen Dank verpflichtet sind. Zweitens gab es Personen im AKF (vor allem Johannes Stock, gemeinsam mit mir), die den Aufbau und Betrieb organisierten. Drittens erklärte sich ein erfahrener Fahrradtechniker (Ludwig Wesp) bereit, an dem Projekt mitzuarbeiten. Und viertens fanden wir eine geeignete Werkstatt. Werkzeuge und Ersatzteile wurden gespendet.
Die meisten Fahrräder waren gut bis akzeptabel erhalten. Techniker haben jedes Fahrrad sorgfältig kontrolliert und in einen verkehrstüchtigen Zustand versetzt. Sie waren in der Lage, viele Arten von Defekten zu reparieren: Platten flicken, die Beleuchtung instand setzen, die alten, gedehnten Ketten ersetzen, die Speichen anziehen, um die Achter herauszuholen und vieles mehr, damit die Fahrräder vor Übergabe dem deutschen Sicherheitsstandard entsprachen. Wir wollten erreichen, dass die Flüchtlinge mit dem Fahrrad größere Wege zurücklegen konnten, um damit eine weitere Dimension von Bewegungsfreiheit in diesem für sie fremden Land zu erlangen. Nebenbei wollten wir Flüchtlinge auch dafür gewinnen, bei der Reparatur selbst Hand anzulegen. Wir wollten einige von ihnen anlernen und hofften, dass sie in der Werkstatt mitarbeiten würden. Ein Flüchtling war schließlich bereit und in der Lage mitzuhelfen (es sei ihm an dieser Stelle dafür gedankt). Immerhin eine Person! Aber eigentlich wir hatten höhere Erwartungen.
Zunächst waren wir froh, dass die Kinder mit dem erworbenen Fahrrad in die Schule fahren, und dass die Erwachsenen Besorgungen erledigen konnten. Besonders freute uns, dass auch viele der ausländischen Frauen sich trauten, mit unserer Ermutigung hier Fahrradfahren zu lernen und nun selbst am Straßenverkehr teilzunehmen. Für sie war das ein gewaltiger Schritt, denn die meisten Flüchtlinge kommen aus Ländern, in denen es die Tradition verlangt, dass Frauen sich verschleiern und nur die nötigsten Besorgungen außer Haus erledigen. Fahrradfahren ist dort in der Regel den Männern und Kindern vorbehalten.
Kinder (und Erwachsene), die in afrikanischen, arabischen oder asiatischen Ländern aufgewachsen sind, kennen die deutschen Verkehrsregeln nicht. Sie fahren oft sorglos und achten kaum auf die Verkehrssicherheit ihrer Fahrräder. Es reicht ihnen, wenn sich die Räder noch irgendwie drehen. Die Unfallgefahr bereitet uns aber große Sorge. Leider waren unsere Bemühungen bisher erfolglos, einen Verkehrsunterricht für die Kinder zu organisieren. Wir fanden keine Organisation oder Person, die dazu bereit war, dies zu übernehmen. Deswegen sind wir für entsprechende Anregungen sehr dankbar. Wer hat eine Idee? Besser noch wäre aber die Bereitschaft einer Person, kurze Fahrradkurse für Kinder zu organisieren.
Als vor etwa zwei Jahren alle Flüchtlinge ein Fahrrad hatten und nur noch wenige Flüchtlinge hinzukamen, sank der Bedarf an Fahrrädern allmählich. Wir konnten uns aber gar nicht vorstellen, wie schnell intakte Fahrräder wieder kaputt sein konnten und die Techniker waren dann mehr für Reparaturen gefragt. Der Arbeitskreis entschied sich damals zusammen mit dem Leiter der Fahrradwerkstatt Thomas Heyer auch dafür, die Zielgruppe zu erweitern. Seither bieten wir allen Erzhäuser Bürgern unseren Service an. Alle Erzhäuser können ein überholtes Fahrrad in unserer Werkstatt bekommen sowie Reparaturen bei uns vornehmen oder in Auftrag geben. Für das Fahrrad oder für die Reparatur bitten wir im Sinne der Gemeinnützigkeit um eine Spende und die Ersatzteile übergeben wir zum Einkaufspreis. Die Techniker (wie alle Mitglieder des AKF) leisten ihre Arbeit ehrenamtlich.
Viele „Kunden“ schätzen mittlerweile unser Angebot, und nicht nur, weil es keine andere Fahrradwerkstatt in Erzhausen gibt. Sie ist auch Treffpunkt für Flüchtlinge und Erzhäuser. Leider steht die weitere Existenz der Fahrradwerkstatt aber auf der Kippe, denn wir haben zu wenig ehrenamtliche Techniker. Deswegen (und weil die Werkstatt im Winter nur unzureichend beheizt werden kann) können wir unseren Öffnungszeitplan nicht immer einhalten. Aus diesem Grund appellieren wir an kompetente Techniker oder Menschen mit gewissem handwerklichen Geschick, sich bitte an einem oder an zwei Tagen in der Woche nachmittags von 16 bis 19:30 Uhr bei uns zu engagieren (ggfs. können wir die Termine auch ändern). Es wäre doch sehr schön, wenn Erzhausen diese ehrenamtlich entstandene und über Jahre geführte Errungenschaft auch zukünftig im Ort halten könnte. An dieser Stelle wollen wir dem Leiter der Fahrradwerkstatt Thomas Heyer und seinem „Cheftechniker“ Ludwig Wesp unseren herzlichen Dank für ihre unermüdliche und wichtige Arbeit aussprechen. Ohne die beiden hätten wir die Fahrradwerkstatt schon längst schließen müssen.
Bitte rufen Sie uns an:
Ewald Gold
0177 600 1496
für Arbeitskreis für Flüchtlinge Erzhausen